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Es ist an der Zeit, dass Haas den Stecker aus seinem F1-Projekt zieht

Es ist an der Zeit, dass Haas den Stecker aus seinem F1-Projekt zieht

21-11-2023 17:00

Ludo van Denderen

Günther Steiner hat sich einmal mehr sehr offen über den möglichen Einstieg von Andretti Cadillac in die Formel 1 geäußert. In einer Rede im US-Fernsehen vor dem Großen Preis von Las Vegas wiederholte der Chef des Haas F1-Teams seine früheren Worte: Er sehe nämlich immer noch nicht den sportlichen und kommerziellen Mehrwert von Andretti Cadillac. Inzwischen sollte der Italiener auch einen kritischen Blick darauf werfen, was sein eigenes Team zur Formel 1 beiträgt. Im Moment ist es nämlich sehr wenig.

Von dem Update, das Haas beim Großen Preis der USA in Austin vorstellte, wurde viel erhofft - vielleicht sogar erwartet. Ein Rennen vor dem Jahr 2023 kann das Fazit gezogen werden: Es hat dem Team alles nichts gebracht. Im Qualifying gibt es zwar noch manchmal akzeptable Ergebnisse, aber im Grand Prix scheint das Auto rückwärts zu fahren. Nur 12 Punkte konnte Haas in dieser Saison einfahren. Also ein weiteres verlorenes Jahr, wie mittlerweile viele.

Andretti hat es besser drauf als Haas

Haas ist sowohl das kleinste als auch das langsamste Team in der Formel 1. Wenig Geld, kaum Aussicht auf Besserung und bestenfalls eine Nebenrolle bei den Grand Prix. Wenn Steiner sich fragt, was Andretti Cadillac sportlich bringen würde, dann ist das tatsächlich Zukunftsmusik. Es gibt viele Faktoren, die Michael Andretti und seine Männer in den ersten Jahren vor einen harten Kampf stellen könnten. Doch schon jetzt ist bekannt, dass General Motors - unter dem Markennamen Cadillac - ab 2028 seine eigenen Antriebseinheiten an das Team liefern wird.

General Motors ist völlig neu in der Formel 1 und wird sicher einige Zeit brauchen, um sich zu akklimatisieren. Gleichzeitig sind sie keine Einfaltspinsel: Es ist einer der größten Autohersteller der Welt, der weiß, was es heißt, z. B. in der IndyCar zu gewinnen. Auf (mittel-)lange Sicht wird GM wirklich die Nase vorn haben. Haas hat keinen solchen Vertrag mit einem Hersteller - und es sieht auch nicht so aus, als würde das Team von Gene Haas in nächster Zeit ein Werksteam werden. Daher ist Haas weiterhin von Ferrari abhängig; ein Kundenteam zu sein hat immer viele Nachteile (frag doch mal Red Bull Racing).

Zweifellos würde Steiner, wenn er gefragt würde, darauf hinweisen, dass auch Alfa Romeo und AlphaTauri nicht in jedem Rennen konkurrenzfähig sind. Aber Alfa Romeo wird bald wieder zu Sauber und dann zu Audi, wodurch es zu einem Werksteam wird. AlphaTauri ist der ideale Ort für Talente, um Kilometer zu sammeln, was dem Team seine Daseinsberechtigung gibt. Sieh dir nur an, welche späteren Leistungsträger über AlphaTauri - und früher Toro Rosso - ihren Weg in die Formel 1 gefunden haben.

Haas als Altersruhesitz für Fahrer

Stattdessen präsentiert sich Haas als Altersruhesitz für pensionierte F1-Fahrer. Kevin Magnussen und Nico Hulkenberg hatten ihre Formel-1-Karriere bereits beendet, aber Haas gab ihnen noch eine zweite (oder dritte, sogar vierte) Chance. Auch sie können mit dem Material, das ihnen zur Verfügung steht, wenig anfangen. Außerdem sind sie keine Fahrer, die auf eine große Fanbasis auf den Tribünen zählen können.

Ja, manchmal läuft ein verirrter Däne oder Deutscher mit einer Haas-Mütze oder einem Haas-Shirt herum. Das sind nur wenige. Halte an einem F1-Wochenende Ausschau nach dem Haas-Merchandise-Stand. Das ist eine schwierige Suche, selbst wenn es einen gibt. Haas - das mit dem niedrigsten Budget in der Formel 1 arbeitet - ist auch für Sponsoren nicht attraktiv. Nur dem Hauptsponsor Moneygram ist es zu verdanken, dass das amerikanische Team nicht in Geldnöten steckt. Und seien wir ehrlich: Sicherlich schaltet niemand den Fernseher bei einem Grand Prix ein und ist besonders neugierig auf die Leistung von Haas? Kurz gesagt, der kommerzielle Wert von Haas F1 ist gleich null.

Dass Steiner sich sträubt, Andretti Cadillac in der Formel 1 willkommen zu heißen, ist aus seiner Sicht verständlich. Mit noch weniger Budget - wenn die Einnahmen der Formel 1 unter allen Teams aufgeteilt werden - werden die Aussichten von Haas noch düsterer. Steiner muss sich tatsächlich fragen, ob es für sein Team überhaupt eine Zukunft geben soll? So sehr man den extravaganten Teamchef auch vermissen wird, die Antwort auf diese Frage ist im Moment ein klares "Nein".