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Warum sich General Motors doch für ein Abenteuer in der Formel 1 entschieden hat

Warum sich General Motors doch für ein Abenteuer in der Formel 1 entschieden hat

22-01-2023 10:00 Letztes Update: 13:33

GPblog.com

Traditionell hat sich die Formel 1 auf den europäischen Automarkt konzentriert. General Motors - eine der größten Automarken der Welt - hat sich hauptsächlich auf seinen eigenen, den US-amerikanischen Markt konzentriert, auf dem der weitaus größte Teil seiner Autos verkauft wird. Der Einstieg in die Formel 1 war für die Amerikaner sozusagen keine naheliegende Wahl. Mit dem neu gegründeten Team von Andretti will GM jedoch den Sprung wagen.

Auf dem amerikanischen Kontinent gab es jahrzehntelang kaum Interesse an der Formel 1, was bedeutete, dass es für eine wirklich amerikanische Marke wie General Motors aus Marketingsicht wenig Sinn machte, daran teilzunehmen. Inzwischen ist die Formel 1 ein globaler Sport, der sich auch in den Vereinigten Staaten großer Beliebtheit erfreut. Im Jahr 2023 werden sogar drei Grands Prix auf amerikanischem Boden ausgetragen. Angesichts des zunehmenden Interesses der amerikanischen Öffentlichkeit und der Gründung eines amerikanischen F1-Rennstalls unter der Leitung einer angesehenen Motorsportikone konnte GM zu Andrettis Anfrage, sich zu beteiligen, nicht wirklich "Nein" sagen.

Externe Faktoren

Die GM-Geschäftsführung sagt heute, dass das Unternehmen schon seit einiger Zeit mit dem Gedanken spielte, in die Formel 1 einzusteigen, aber externe Faktoren machten dies unmöglich. So ist es noch nicht lange her, dass die US-Regierung finanziell einspringen musste, um GM (und andere US-Automobilhersteller) vor dem Zusammenbruch zu retten. Sich gleichzeitig auf ein teures Abenteuer in der Formel 1 einzulassen, war für die Politiker und die Öffentlichkeit nicht gerade ein Verkaufsargument.

Inzwischen läuft es für GM, den drittgrößten Autohersteller der Welt, viel besser. Nur Toyota und der Volkswagen-Konzern sind noch größer. Als Michael Andretti vor knapp sechs Monaten in die Zentrale in Detroit kam, um über eine Partnerschaft zu sprechen, hatte GM also ein offenes Ohr. "Ich würde sagen, dass wir nicht unbedingt darauf aus waren, aber Michael hat den Anstoß dazu gegeben und ich persönlich war wirklich überglücklich ", sagte General Motors Präsident Mark Reuss über das Interview mit Das Rennen.

Wenig Arbeitskräfte und Investitionen

General Motors wurde ein Angebot gemacht, das man eigentlich nicht ablehnen konnte. Andretti stellte die Infrastruktur in einem neuen, hochmodernen Werk zur Verfügung, das auf US-Boden gebaut werden sollte. Außerdem musste GM keine eigene F1-Abteilung gründen, um ein eigenes Aggregat zu entwickeln, da Andretti es von Alpine kaufen würde. GM musste lediglich eine nette Summe überweisen, damit die Alpine-Motoren den Namen einer der GM-Marken (in diesem Fall Cadillac) tragen. Eine Win-Win-Situation also: General Motors wird (möglicherweise) bald im Hauptnetz der Welt zu finden sein, ohne dass es viel Arbeitskraft und Investitionen kostet.

Hier liegt auch der Fallstrick. Die Formel 1 will sich zunehmend als eine Klasse präsentieren, in der die führenden Automarken der Welt mit selbst entwickeltem Material gegeneinander antreten. Mercedes, Alpine, Ferrari und jetzt auch Red Bull Racing werden ihre Autos bald (fast) zu 100 Prozent selbst entwickeln. Außerdem gibt es Kundenteams, die sich in den letzten Jahren alle zu etablierten Namen in der Formel 1 entwickelt haben. Millionenunternehmen, die eine Menge Geld wert sind.

Das Letzte, was die (meisten) Teams wollen, ist, den gut gefüllten Geldtopf mit einem Newcomer (in diesem Fall Andretti) zu teilen, der nur auf dem Papier den Rückhalt einer großen Marke hat. Schließlich wird GM bald nicht mehr als ein Sponsor sein, wie Alfa Romeo bei Sauber, anstatt dass die Amerikaner ihr eigenes Auto entwickeln - oder zumindest ihre eigene Antriebseinheit. Übrigens hat GM angedeutet, dass es nicht ausschließt, in Zukunft eigene F1-Autos zu bauen. Ein diesbezügliches Engagement könnte zweifellos die zweifelnden F1-Bosse überzeugen.

Noch keine beschlossene Sache

Trotzdem scheint es noch nicht ausgemacht zu sein, dass Andretti Cadillac in absehbarer Zeit in die Formel 1 einsteigen darf. Zweifellos werden die Gespräche zwischen der FIA, der FOM und den Teams auf der einen Seite und Andretti Cadillac auf der anderen Seite in naher Zukunft weitergehen. Mit General Motors als Partner hat Andretti ein interessantes Geschäftsmodell. Aber ist er auch überzeugend genug für die anderen Beteiligten? Das bleibt abzuwarten. So oder so: Für General Motors gibt es kaum etwas zu verlieren.