Mit George Russell und Andrea Kimi Antonelli hat Mercedes zwei Talente aus der eigenen Akademie im Formel 1 Team. Was das Mercedes-Juniorprogramm so erfolgreich macht, wurde in einem exklusiven Interview mit Gwen Lagrue von GPblog besprochen.
In den vergangenen Jahren hat Mercedes konsequent bewiesen, dass es ein Team ist, das junge Talente auf die Formel 1 vorbereiten kann. Während Mercedes in die F1 mit etablierten Namen wie Michael Schumacher, Nico Rosberg, Lewis Hamilton und Valtteri Bottas einstieg, fahren nun zwei Talente aus der eigenen Akademie im Mercedes F1-Team.
Nicht jedes Talent schafft es ins Mercedes F1-Team. Auf dem Weg dahin haben Pascal Wehrlein und Esteban Ocon den Sprung in die Formel 1 geschafft, wurden jedoch nicht als gut genug für Mercedes erachtet. Während Mercedes und Wehrlein getrennte Wege gingen, ist Ocon noch Teil des Mercedes-Programms.
Und das charakterisiert vielleicht am meisten das Mercedes-Ausbildungsprogramm. Wo andere Akademien Fahrer vielleicht einfach zur Seite legen, bleiben Mercedes-Fahrer lange Teil des Programms. Sie werden jung aufgenommen und erhalten langfristige, qualitativ hochwertige Unterstützung von Gwen Lagrue und seinem Team.
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Mercedes-Junior Esteban Ocon und Gwen Lagrue im Gespräch
Was macht das Mercedes-Ausbildungsprogramm einzigartig?
‚‚Wir wenden immer denselben Prozess an. Wir fügen immer einen physischen Trainer, mentalen Trainer usw. hinzu, aber was wichtig ist, ist die richtige Person auszuwählen. Also wer passt am besten zu Lunas (Fluxa, Mercedes-Talent) Charakter. Welchen Trainer braucht man? Welchen mentalen Trainer braucht man? Wenn ich sie diesem Kerl zuordne, könnte es nicht funktionieren, aber mit einem anderen vielleicht.‘‘
‚‚Deswegen verbringen wir vier Jahre mit den Talenten im Kartfahren. Wenn man drei, vier Jahre mit ihnen verbringt, dann kennt man die Familie in- und auswendig und ich kenne Luna super gut. Wir haben diese enge Beziehung aufgebaut. Ich kenne sie wahrscheinlich besser als meine eigene Tochter. Also kennt man alles über ihren Charakter, und dann ist es leicht, die richtige Wahl zu treffen.‘‘
‚‚Dann weiß ich, wenn ich diesen Kerl zu Lunas physischem Trainer mache, dann wird es funktionieren. Es geht darum, Zeit mit Ihren Fahrern zu verbringen und dann die richtige Antwort zu finden,‘‘ sagte der Mercedes-Benz Fahrerentwicklungsberater.
Diese Beziehung zu einem Fahrer aufzubauen, ist laut Lagrue entscheidend, um das Beste aus einem Talent herauszuholen. Junge Talente müssen auch in der Lage sein, unterwegs Fehler zu machen. Manchmal geraten sie in schwierige Situationen in ihrem Privatleben. Sollte man dann ein Talent fallenlassen oder unterstützen?
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Kimi Antonelli und Gwen Lagrue für Mercedes
Albon und Red Bull als Beispiel für Mercedes, wie man es nicht machen sollte
‚‚Ich habe auch Beispiele von Kindern, die von einem Programm fallen gelassen wurden und die trotzdem ein paar Monate oder Jahre später immer noch Leistungen erbringen. Alex Albon ist ein gutes Beispiel.‘‘
Alexander Albon wurde in jungen Jahren aus dem Red-Bull-Programm geworfen, nach einer weniger als herausragenden Saison in den niedrigeren Formelklassen. Albon hatte persönliche Probleme mit einer Mutter, die verurteilt und ins Gefängnis geschickt wurde. Albon fuhr weiter Rennen und wurde von Gwen Lagrue bei Lotus unter die Fittiche genommen. Ein paar Jahre später gab Albon trotzdem sein F1-Debüt mit Red Bull, was bewies, dass er gut genug war.
‚‚Deswegen verstand ich schnell, dass man an seinen Fahrer glauben muss. Man muss ihn unterstützen und akzeptieren, dass er eine schwierige Saison hat oder schwierige Zeiten durchmacht. Das Ergebnis ist wichtig. Können sie wieder auf dem richtigen Niveau performen oder nicht. Ich gebe gerne genug Zeit zum Performen.‘‘
‚‚Manchmal funktioniert das nicht und dann muss man die schwere Entscheidung treffen, sich zu trennen. Schließlich sind wir kein sozialer Hilfsdienst. Diese Entscheidungen werden immer mit dem Ziel getroffen, dass wir Fahrer auf die F1 vorbereiten oder dazu, Weltmeister zu werden. Man kann immer Fehler machen, denn wir sind alle Menschen. Man kann nicht immer alles richtig machen.‘‘
Im ausführlichen Interview mit Gwen Lagrue wurde auch das Ziel des Mercedes-Ausbildungsprogramms besprochen.
Die Geschichte, in der Lagrue erklärt, warum Mercedes noch nicht mit zwei Fahrern in der Formel 1 zufrieden ist, wurde zuvor auf GPblog gelesen. Mehr aus dem Interview folgt. Lagrue sprach auch über das junge Alter, in dem sie mit dem Scouting beginnen, und hofft, dass Mercedes in ein paar Jahren auch eine Frau in die Formel 1 bringt.